Karawanskij: Weiter große Herausforderungen in der Arbeitspolitik – Tarifbindung muss besser werden
Arbeitsmarktzahlen September 2018 / Neues IAB-Betriebspanel veröffentlicht
- Erschienen am - PresemitteilungHerbstbelebung am Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote in Brandenburg liegt im September 2018 bei 5,9 Prozent, das sind 0,6 Punkte weniger als vor einem Jahr. Die heute veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen belegen, dass mit dem Start des neuen Ausbildungsjahres die Arbeitslosigkeit im September wieder deutlich gesunken sei, so Brandenburgs Arbeitsministerin Susanna Karawanskij. „Vor allem die Zahl der jungen Arbeitslosen ging zurück. Die gute Entwicklung der Arbeitsmarktzahlen darf aber nicht den Blick auf notwendige Verbesserung trüben. Viele Menschen haben nur befristete Arbeitsverträge oder befinden sich unfreiwillig in Teilzeitarbeit. Der Niedriglohnsektor ist zu groß, gleiche Bezahlung in Ost und West ist weiterhin kein Standard und die Tarifbindung geht zurück“, so die Ministerin weiter.
Das Arbeitsministerium hat jetzt das neue IAB-Betriebspanel Brandenburg 2017 veröffentlicht. Für den Bericht wurden rund 950 märkische Betriebe von Juli bis Oktober 2017 zur Entwicklung ihrer wirtschaftlichen Situation und der Beschäftigung durch TNS Infratest Sozialforschung befragt. Ein Schwerpunkt dabei war die Digitalisierung.
Karawanskij erklärte: „Das Beschäftigungswachstum hält in Brandenburg unvermindert an, der Fachkräftebedarf der Betriebe bleibt hoch. Gesucht werden vor allem qualifizierte Beschäftigte mit einer Berufs- oder Hochschulausbildung. Das IAB-Betriebspanel zeigt außerdem, dass atypische Beschäftigung in Brandenburg weniger weit verbreitet ist als in Westdeutschland. Aber dafür wächst seit Jahren die Zahl von Teilzeitbeschäftigten in Brandenburg. Mittlerweile arbeiten 29 Prozent aller Beschäftigten mit einer Stundenzahl, die unterhalb der betrieblich vereinbarten regelmäßigen Wochenarbeitszeit liegt. Besonders im Dienstleistungssektor ist Teilzeit weit verbreitet, mit negativen Auswirkungen auf das Einkommen und die späteren Renten. Unter diesen Benachteiligungen leiden besonders Frauen. Denn drei Viertel aller Teilzeitbeschäftigten sind weiblich, viele von ihnen würden gern länger arbeiten.“
Laut dem IAB-Betriebspanel verdienten im Jahr 2017 abhängig Beschäftigte in Brandenburg durchschnittlich rund 2.610 Euro brutto im Monat. Damit lagen die durchschnittlich gezahlten Löhne und Gehälter in Brandenburg etwa 3 Prozent unterhalb des ostdeutschen Durchschnitts (2.690 Euro) und rund 22 Prozent unter dem westdeutschen Vergleichswert (3.330 Euro).
Der Abstand zum Lohnniveau im Westen hat sich damit – nach zwei Jahren der Verringerung – wieder vergrößert und liegt nun bei 78 Prozent (Angleichungsquote 2016: 81 Prozent, 2015: 78 Prozent, 2014: 75 Prozent).
Karawanskij betonte: „Die Höhe der Löhne wird vor allem von der Tarifbindung beeinflusst. So liegen die monatlichen Durchschnittsverdienste von Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben über alle Branchen und Betriebsgrößenklassen hinweg fast 20 Prozent über dem brandenburgischen Durchschnittslohn. Ein entscheidender Schlüssel gegen Armutsgefährdung sind hohe Tarifbindung und gute Löhne. Hier müssen wir besser werden. Die Tarifbindung muss in Brandenburg deutlich steigen. Die Empfehlung der Brandenburger Mindestlohnkommission, den Vergabemindestlohn auf 10,50 Euro pro Stunde zu erhöhen, ist ein ganz starkes Signal für faire Löhne.“
Wie die Ergebnisse der aktuellen Befragung zeigen, ist die Tarifbindung weiter gesunken. Nachdem sich der Anteil tarifgebundener Betriebe in Brandenburg seit dem Jahr 2010 um die 25-Prozent-Marke stabilisiert hatte, ging er im vergangenen Jahr deutlich von 23 auf 18 Prozent zurück. Anders ausgedrückt: Nicht einmal mehr jeder fünfte brandenburgische Betrieb ist durch einen Flächen - oder Haustarifvertrag tarifvertraglich gebunden. Mit der rückläufigen betrieblichen Bindung hat sich auch der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die tarifvertraglichen Regelungen unterliegen, vermindert. Mit aktuell 45 Prozent ist er auf einen neuen Tiefststand gesunken.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit führt mit dem Brandenburger Arbeitsministerium seit 1996 jährlich die repräsentative Arbeitgeberbefragung für das Betriebspanel durch. In dieser Längsschnitterhebung werden jedes Jahr dieselben Betriebe befragt. Die Befragung erfolgte durch TNS Infratest Sozialforschung, den Auswertungsbericht für Brandenburg erstellte SÖSTRA. Die Analyse wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert.
Der Gesamtbericht „Entwicklung von Betrieben und Beschäftigung in Brandenburg - Ergebnisse der zweiundzwanzigsten Welle des Betriebspanels Brandenburg“ ist auf der MASGF-Internetseite masgf.brandenburg.de unter „Publikationen“ eingestellt.