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Neue Wege für Straffällige: Chancen durch Netzwerke und Zusammenarbeit

- Erschienen am 07.03.2025
Susanne Knickmeier aus dem Ministerium der Justiz und für Digitalisierung begrüßt die 90 Gäste des Netzwerks HSI 4.0.

Straffällige stehen oft vor komplexen Herausforderungen: geringe Berufserfahrung, soziale Isolation und eine fehlende Struktur. Ohne Unterstützung droht ein Kreislauf aus Rückfällen und Perspektivlosigkeit. Hier setzt das ESF+-Programm 'Haftvermeidung durch soziale Integration 4.0' (HSI 4.0) des Ministeriums der Justiz und der Digitalisierung an. Das Förderprogramm zielt darauf ab, durch institutionsübergreifende Zusammenarbeit jungen und erwachsenen Straffälligen Wege aufzuzeigen und ihre Resozialisierung zu fördern. 90 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Praxis und Verwaltung - das Netzwerk HSI 4.0 - tauschten sich dazu am 19. Februar bei der Fachtagung ‚Institutionsübergreifende Zusammenarbeit in der Straffälligenhilfe' zu Kooperationen für eine bessere soziale Integration von Straffälligen aus.

Netzwerkarbeit als Schlüssel zur erfolgreichen Resozialisierung

Zu Beginn betonten Prof. Dr. Kirstin Drenkhahn (Freie Universität Berlin), Susanne Knickmeier (Ministerium der Justiz und für Digitalisierung Brandenburg) und Dr. Harald Kruse (Justizakademie) die zentrale Rolle interdisziplinärer Netzwerke. Das Netzwerk HSI 4.0 könne mit einem Geflecht aus ‚Knoten und Kanten' verglichen werden, das durch koordinierte Zusammenarbeit gestärkt werde. Ziel sei es, bestehende Barrieren zu überwinden und Lösungen für eine nachhaltige Integration der Straffälligen zu entwickeln. Daniel Wolter, Bundesgeschäftsführer des DBH-Fachverbands für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik, hob in seinem Vortrag ebenfalls hervor, dass Netzwerke eine moderne Antwort auf die vielschichtigen Herausforderungen der Resozialisierung bieten.

Praxisbeispiele: Neue Perspektiven durch Netzwerkarbeit

  • Übergangsmanagement in der Justizvollzugsanstalt Hannover: Die JVA Hannover stellte das Modell der dortigen Entlassungskoordination vor. Bereits während der Haft wird mit den jungen Inhaftierten eine Perspektive für die Zeit danach erarbeitet. Ein zentrales Element ist die Kooperation mit Krankenkassen und Jobcentern, um medizinische Versorgung und berufliche Eingliederung sicherzustellen. Besonders für junge Menschen mit Suchterkrankungen ist dies entscheidend, um eine nahtlose Weiterbehandlungen nach der Haftentlassung zu ermöglichen.
  • ‚Schwitzen statt Sitzen' - Alternative zur Ersatzfreiheitsstrafe: Der Verband Bewährungs- und Straffälligenhilfe Württemberg e.V. stellte das Modellprojekt Schwitzen statt Sitzen vor. Junge Menschen, die ihre Geldstrafe nicht zahlen können, erhalten hier die Möglichkeit, gemeinnützige und soziale Arbeit zu leisten, anstatt eine Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten. Dies verhindert, dass Bagatelldelikte zu einer Haftkarriere führen.
  • Wohnraum als Schlüssel zur sozialen Integration: Die Fachbereich Soziales der Stadt Cottbus betonte die immense Bedeutung von gesichertem Wohnraum für junge Haftentlassene. Die Fachstelle zur Vermeidung und Behebung von Obdachlosigkeit setzt hier an: Gemeinsam mit sozialen Trägern, Wohnungsunternehmen und der Stadtverwaltung werden Konzepte entwickelt, um Haftentlassenen eine stabile Wohnperspektive zu ermöglichen. Denn ohne eine eigene Wohnung würden diese jungen Menschen kaum eine Chance auf einen Neuanfang haben.

Podiumsdiskussion des Netzwerks HSI 4.0

Die sich anschließende Podiumsdiskussion verdeutlichte: Eine wirksame Haftvermeidung durch soziale Integration braucht stabile Netzwerke, engagierte Akteure und langfristige finanzielle Absicherung. Die Akteure des Netzwerks HSI 4.0 sehen sich auf einem guten Weg - sind sich aber auch der Herausforderungen bewusst, die noch vor ihnen liegen. (SH)