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Erfahrung zählt: Modular zum Haustechniker

- Erschienen am 05.07.2024
Als Haustechniker fallen für Rafael Perales vielseitige Aufgaben im Elektro, Metall und Sanitärbereich an. (© J. Seyffert)

Menschen, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen und ihren Weg auf den Brandenburger Arbeitsmarkt suchen, kommen mit ganz unterschiedlichen Qualifikationen ins Land. Genauso unterschiedlich sind auch die Verfahren zur Anerkennung der Abschlüsse. Wenn Personen ohne einen ausländischen Berufsabschluss kommen, aber schon Arbeitserfahrungen mitbringen, unterstützt das IQ Projekt 'Arbeit in Zukunft – Energie, Umwelt und Digitalisierung'. Es bietet Mikroqualifizierungen für Menschen, für die eine langjährige Berufsausbildung nicht mehr in Frage kommt. Jacob Seyffert erzählt für BRANDaktuell die Geschichte von Rafael Perales, der diese Chance nutzte und nun als Haustechniker arbeitet.

Einen Hausmeister hört man, lange bevor man ihn sieht. Rafael Perales trägt viele Türschlüssel und noch mehr Werkzeug in den Taschen seines Blaumanns. Gerade steht eine Inspektion der Flucht- und Rettungswege an und dafür muss die Beleuchtung der Notausgangsschilder überprüft werden. „Hier gibt es jeden Tag etwas anderes zu tun“, fasst er die vielseitigen Tätigkeiten auf den über 6.700 Quadratmetern Nutzfläche seiner neuen Arbeitsstelle zusammen. Dass er diese berufliche Möglichkeit bekommen hat, findet er selbst „unglaublich“.

Denn Rafael Perales kommt aus einem kleinen Dorf, wo es keine Möglichkeiten für eine formale Berufsausbildung gab. Seine spanische Erwerbsbiografie gleicht einer Kette von Gelegenheitsjobs in der Hotel- und Gastronomiebranche. Schließlich habe er neun Jahre autodidaktisch als Hausmeister gearbeitet, bevor ihn die wirtschaftliche Situation Spaniens zur Übersiedlung nach Deutschland bewog. Er betont mehrmals, dass er nie arbeitslos gewesen sei – nur beruflich glücklich sei er eben auch nicht gewesen. In Deutschland habe er es dann zunächst als selbständiger Gärtner versucht. „Ich habe gute Arbeit gemacht! Aber ich konnte nicht mit den Leuten reden, deshalb ging das nicht lange gut.“ Von einem Bekannten wurde ihm schließlich ein Sprachkurs beim Ausbildungsverbund Teltow e. V. (AVT) empfohlen. Nebenbei jobbte er als Reinigungskraft in einem Supermarkt. Nach Abschluss des A2-Deutschkurses wurde er dann auf die Mikroqualifizierungen beim selben Träger aufmerksam.

Qualifizierung für Menschen mit Berufserfahrung

Christine Schubert hat schon früh das Potenzial ihres Teilnehmers erkannt. Sie ist Projektleiterin des IQ Teilvorhabens 'Arbeit in Zukunft – Energie, Umwelt und Digitalisierung'. Seit 2023 spricht das Förderprogramm IQ auch Menschen mit non-formalen und informellen Kompetenzen an. Das sind Menschen mit Berufserfahrung in ihrem Herkunftsland, die keine oder zumindest keine abgeschlossene Berufsqualifikation nachweisen können. In Deutschland lebten 2020 mehr als 3,6 Mio. Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die über keinen beruflichen Bildungsabschluss verfügen und sich auch nicht in schulischer oder universitärer Ausbildung befanden (Destatis). Rafael Perales war einer davon. Ein Anerkennungsverfahren kam für ihn mangels formellen Abschlusses nicht in Frage und eine komplette Ausbildung wollte er im Alter von 48 Jahren nicht mehr beginnen.

„Er passte perfekt in die Zielgruppe“, erzählt Christine Schubert: „Handwerklich vielseitig begabt, mit Berufserfahrung, aber ohne Ausbildung.“ Also durchlief er erstmal fünf Wochen immer Mittwochs verschiedene handwerkliche Werkstätten und wurde in deutschen Arbeitsschutzbestimmungen unterwiesen. Rafael Perales wiederholte Techniken des Lötens, die Arbeit an der Standbohrmaschine, Feilen und Sägen. Er habe das alles schon gekonnt, aber eben autodidaktisch. In den Mikroqualifizierungen habe er die Technik nochmal „korrekt gelernt“, wie er es bescheiden formuliert.

Mit passgenauen Modulen zum Zertifikat

Generell bietet 'Arbeit in Zukunft' Module in den Bereichen Elektro, Metall, Gastronomie und für kaufmännische Tätigkeiten an, ein Katalog zeigt die vielseitigen Möglichkeiten. In mehreren Gesprächen wird mit Teilnehmenden die eigene Berufsbiografie besprochen und in welcher Branche sie ihre Kompetenzen sehen. Eine nachhaltige Arbeitspraxis wird dabei in allen Modulen berücksichtigt, genauso wie Trends der Digitalisierung. Die Module werden passgenau für die Teilnehmenden zusammengestellt und am Ende bekommen alle ein Zertifikat. Das sei natürlich nicht mit einer Ausbildung zu vergleichen, betont Christine Schubert. Um das Vertrauen in die Qualifikation und die Menschen mit solchen Kompetenzen zu stärken, arbeitet der Träger aber eng mit den Betrieben zusammen: „Wir wissen, wie wichtig die Kommunikation zwischen möglichen Arbeitgebern und uns als Ausbildungsträger ist. Wir bieten unter Rücksprache mit den Unternehmen genau die Module an, die für eine Beschäftigung förderlich sind.“

Rafael Perales konnte die Mitarbeitenden des Trägers offenbar von sich und seinen Fähigkeiten überzeugen. Sie boten ihm kurzerhand eine Stelle in der Haustechnik an. Als Träger hätten sie sowieso schon länger eine personelle Aufstockung in diesem Bereich erwogen und Arbeitskräfte mit handwerklichem Hintergrund sind rar. So arbeitet er nun als einer von sechs Haustechnikern beim AVT e. V. Den berufsbegleitenden B1-Sprachkurs hat er bereits absolviert. Aktuell steht eine Fortbildung gemäß DIN VDE 0105-100 an. Nach 40 Unterrichtsstunden wird er dann 'Elektrotechnisch unterwiesene Person' genannt und darf einfachere Wartungsarbeiten selbständig durchführen. Geht es nach Rafael Perales, bleibt er in Teltow, er fühlt sich wohl. Lediglich über seine Rente macht er sich Gedanken. „Vielleicht gehe ich dann wieder nach Spanien. Da ist das Wetter besser.“


Logo: Gefördert aus Mitteln der Europäischen Union
Das Regionale Integrationsnetzwerk Brandenburg wird im Rahmen des Förderprogramms IQ − Integration durch Qualifizierung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) gefördert und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge administriert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Bundesagentur für Arbeit.