Fachtagung zur Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationsgeschichte
- Erschienen amAm 19. März 2024 fand in der Staatskanzlei des Landes Brandenburg in Potsdam eine Fachtagung mit dem Titel 'Verbesserung der Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationsgeschichte' statt. Neben rund 130 Teilnehmenden war auch BRANDaktuell vor Ort, um hier die wichtigsten Ergebnisse zusammenzufassen.
Dr. Volker Offermann vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg (MWAE) stellte schon in seiner Begrüßung die Wichtigkeit des Themas fest. Er untermauerte, dass der zuletzt verzeichnete Anstieg sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung auch durch ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verursacht wurde und sie somit "ein wichtiger Bestandteil des Brandenburgischen Wohlstandes" seien. Dennoch sei die Arbeitsmarktintegration Geflüchteter "kein Selbstläufer". Daher ziele der (auf dem von der Bundesregierung im Herbst 2023 gestarteten 'Job-Turbo' basierende) 'Aktionsplan Brandenburg' u. a. darauf ab, gemeinsam mit Jobcentern und Agenturen für Arbeit bei Unternehmen dafür zu werben, Geflüchtete einzustellen.
Nachdem Dr. Volker Offermann seine Begrüßung mit dem für ihn üblichen "Glück auf" beendete, unterfütterte Dr. Holger Seibert vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die aktuelle Lage auf dem Brandenburger Arbeitsmarkt mit einem Inputvortrag. Darin stellte er u. a. heraus, wie wichtig der Spracherwerb für eine gelungene Integration (nicht nur in den Arbeitsmarkt) ist. Soziale Netzwerke seien oft entscheidend, um die berufliche Positionierung zu verbessern. Da diese Netzwerke oft zuerst auf Arbeit entstehen, sei der frühe Zugang zur Erwerbstätigkeit aber auch von Bedeutung.
Blick nach Dänemark und auf den demografischen Wandel
Zudem brachte er Beispiele aus der europäischen Nachbarschaft, wie den Work first-Ansatz in Dänemark. Die frühestmögliche Eingliederung in die Arbeit habe dort anfangs zwar für positive Effekte gesorgt, die sich nach drei bis vier Jahren aber verflüchtigten: Vor allem Frauen haben kaum profitiert und für den Spracherwerb habe der Ansatz sogar negative Folgen gehabt. Auf den Leistungsbezug habe sich der Work first-Ansatz hingegen gar nicht ausgewirkt. Daher schlussfolgerte Dr. Holger Seibert, dass Investitionen in Bildung und Sprache robustere und stabilere Arbeitsmarktverläufe schaffen.
Der Blick auf die Beschäftigung in Brandenburg zeigte, dass sich die Arbeitsmarkintegration Geflüchteter insgesamt gut entwickelt, es aber ein hohes Gefälle zwischen Männern und Frauen gebe. Im Vergleich dazu gehe die Beschäftigung der Deutschen parallel mit den Bevölkerungszahlen zurück. Eine animierte Grafik am Ende des Vortrags von Dr. Holger Seibert machte den demografischen Wandel noch einmal sehr deutlich gefolgt von seinem Fazit, dass die Auswirkungen dieser Entwicklung durch ausländische Beschäftigte abgefedert werden können.
Table-Sessions mit regen Diskussionen
Der restliche Tag bot den Teilnehmenden der Fachtagung die Möglichkeit, sich im Rahmen von sog. Table-Sessions aktiv einzubringen und intensiv untereinander auszutauschen. Die Räumlichkeiten wurden so aufgeteilt, dass sich insgesamt acht Schwerpunktsetzungen boten, wobei die Anwesenden sich vor und nach der Mittagspause auf jeweils ein Thema fokussieren konnten. Die acht vorhandenen Themenbereiche wurden intensiv diskutiert und die wichtigsten Ergebnisse im Anschluss präsentiert.
- Berufsanerkennung – Weiterentwicklung und Beschleunigung der Anerkennungsverfahren, IQ Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung: Es sei wichtig, die Beratung zur Berufsanerkennung personell und sprachlich auszuweiten und Arbeitgebende stärker in ein Anerkennungsverfahren einzubinden. Zudem sei es notwendig individuelle Lösungen zu erarbeiten und für den Spracherwerb ausreichend Zeit einzuräumen.
- Sprachförderung – Sicherstellung der flächendeckenden Sprachförderangebote, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): Während der Fachkräftemangel auch vor dem Lehrpersonal nicht Halt mache, werde daran gearbeitet, die Attraktivität der Förderung für die Träger und Lehrkräfte u. a. durch mehr Flexibilität zu stärken. Außerdem stellte das BAMF die Herausforderungen dar, die mit dem Job-Berufssprachkurs einhergehen.
- Beschäftigung auch ohne ausländische Berufsabschlüsse und Qualifizierung zu Fachkräften – Teilqualifizierung/Umschulung, bea-Brandenburg: Die Teilqualifizierung wird bisher nur selten genutzt, was u. a. an der mangelnden Bekanntheit läge, sowohl bei der Zielgruppe als auch bei den Unternehmen. Hier könne mehr aufgeklärt und sensibilisiert werden, um die Vorteile für alle Beteiligten aufzuzeigen und auf dem Weg zur Teilqualifizierung gezielt zu unterstützen.
- Beschäftigung im Schul- und Kitabereich (Berufsanerkennung und Seiteneinstieg), MWAE und IQ Servicestelle Begleitet, Qualifiziert. Anerkannt.: Auch bei dieser Table-Session offenbarte sich Ausbaupotenzial hinsichtlich der Beratung, um die Wege zu einer Beschäftigung im Bildungsbereich aufzuzeigen. Dabei sei es wichtig, die Zusammenarbeit der Akteure untereinander zu verstärken und für niederschwellige Einstiege (z. B. durch Praktika) und gleichzeitigen Spracherwerb zu sorgen.
- Beschäftigung im Gesundheitsbereich, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz (MSGIV): Im Gesundheitsbereich sei ein Perspektivwechsel nötig, weg von den Nöten der Arbeitgebenden hin zu den Bedürfnissen ausländischer Fachkräfte. So sei es notwendig, Anpassungslehrgänge zu etablieren und qualifizierten Pflegekräften auch Beschäftigungsfelder jenseits von Helfenden-Tätigkeiten zu eröffnen.
- Fachkräfteeinwanderung – Integrationsmanagement vor Ort, Welcome-Center aus Frankfurt (Oder) und Bernau: Die in ganz Brandenburg entstehenden Welcome-Center nach dem ESF+-Förderprogramm 'Willkommen in Brandenburg' in der EU-Förderperiode 2021-2027 müssten bekannter gemacht und die Vernetzung von Projekten und Regeldiensten verstärkt werden. Hier könne eine übergeordnete Plattform Abhilfe schaffen. Zudem wurde deutlich, wie wichtig die passgenaue Beratung für beide Seiten ist und der Job-Turbo nur Erfolg bringe, wenn eine bildungsadäquate Beschäftigung angestrebt werde.
- Internationale Studierende in Brandenburg – Fachkräfte von morgen, Team Arbeit der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB Arbeit): Auch bei den Studierenden sei der Spracherwerb von zentraler Bedeutung für eine gelungene Integration. Während es nicht an Informationsangeboten mangele, sei es für Unternehmen wichtig, die Willkommenskultur zu verbessern und Weiterbildungsangebote zu schaffen, um die Studierenden auch nach dem Abschluss als Fachkräfte im Land zu halten.
- Integrationsort Unternehmen – Willkommenskultur und Fortbildungsangebote, bea-Brandenburg: Die Willkommenskultur in Betrieben war zentrales Thema der achten Table-Session, die zutage förderte, dass "Integration keine Einbahnstraße" sei, sondern ein Prozess, der in beide Richtungen stattfindet. Dazu gehöre Transparenz gegenüber der Belegschaft, viel Zeit und nicht zuletzt Beratung und Netzwerkarbeit. Zur ersten Orientierung bietet die bea-Brandenburg eine interaktive Landkarte aber auch eine Auflistung von Workshops und Angeboten, um eine Willkommenskultur im Unternehmen zu etablieren.
Eine ausführliche Dokumentation der Fachtagung finden Sie auch auf der Veranstaltungsseite dieser Website. (JM)