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Vom Gefängnis ins Berufsleben - Gastronomieausbildung in der JVA Luckau-Duben

- Erschienen am 01.08.2025

Als Ausbilder in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Luckau-Duben begleitet Heiko Weber seit über drei Jahren Menschen in Haft auf ihrem Weg zur ersten beruflichen Qualifikation - mit viel Erfahrung und Menschlichkeit. Zwölf Inhaftierte erhalten hier die Möglichkeit, sich im Rahmen einer zweijährigen Ausbildung zur Fachkraft Gastronomie im Servicebereich oder zur Fachkraft Küche ausbilden zu lassen. Gefördert wird diese Maßnahme im Rahmen des ESF+-Programms ‚Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI 4.0)' durch das Ministerium der Justiz und für Digitalisierung (MdJD). Das Förderprogramm unterstützt die soziale und berufliche Reintegration von Straffälligen und Inhaftierten in Brandenburg. Und dies zeigt Wirkung: Die zwölf Ausbildungsplätze, sechs für Frauen und sechs für Männer, sind derzeit vollständig belegt. Im Interview berichtet Heiko Weber von seinen persönlichen Erfahrungen, den Chancen von einer Ausbildung in Haft und vom Potenzial der Inhaftierten, wenn man sie ernst nimmt und fördert.

Herr Weber, Sie sind gelernter Restaurantmeister und Berufspädagoge. Was hat Sie zur JVA Luckau-Duben geführt?
Ich habe ursprünglich mehrere Ausbildungen gemacht - vom gelernten Melker in der Landwirtschaft bis hin zum Restaurantleiter in Hotels und Berufspädagogen. Danach war ich 17 Jahre lang in der Erwachsenenbildung tätig. Aus privaten Gründen wollte ich zurück in meine Heimatregion und habe mich bei der Universal-Stiftung Helmut Ziegner in der JVA Luckau-Duben beworben. Ich wurde hier herzlich aufgenommen und habe schnell meinen Platz gefunden. Zusätzlich bin ich auch als IHK-Prüfer tätig. Unsere Auszubildenden durchlaufen also eine zertifizierte, anerkannte Ausbildung.

Welche Ausbildungsinhalte werden den Inhaftierten konkret vermittelt?
Die Ausbildung ist in Berufsschule und Praxiseinheiten im Lehrrestaurant unterteilt und wir arbeiten dabei im Tandem: Es gibt einen Küchenmeister und mich als Ausbilder. Ein großer Teil unserer Arbeit ist die soziale Kompetenzbildung - also Teambuilding, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Dabei sprechen wir auch über Themen, die nicht im Lehrplan stehen, aber für die persönliche Stabilität wichtig sind. Die erfolgreich abgeschlossene Ausbildung führt schließlich zur IHK-Qualifikation als Fachkraft Gastronomie oder Fachkraft Küche - mit der Option zur späteren Weiterqualifizierung als Koch oder Köchin.

Was motiviert die Inhaftierten, eine Ausbildung in der Gastronomie zu beginnen und was beobachten Sie im Verlauf?
Geeignete Inhaftierte werden uns vorgeschlagen und durchlaufen zunächst einen Testmonat. Danach entscheiden wir gemeinsam, ob eine vollständige Ausbildung sinnvoll ist. Die Gruppen sind dabei sehr vielfältig: Wir haben Teilnehmende aus Ländern wie Afghanistan, Syrien, Rumänien oder Vietnam. Wichtig ist, dass sie über Grundkenntnisse in Deutsch verfügen - vieles entwickelt sich aber auch während der Ausbildung. Es ist eine diverse Gruppe mit unterschiedlichen Biografien, aber einem gemeinsamen Ziel: eine berufliche Perspektive aufbauen. Und da es für fast alle die erste Ausbildung überhaupt ist, kann ich bei den Lehrlingen auch das Gefühl von Stolz beobachten.

Wie wichtig ist berufliche Qualifizierung für die soziale Reintegration?
Sehr wichtig. Viele finden nach der Haft eine geeignete Arbeit, zum Beispiel im Einzelhandel, in Pflegeeinrichtungen oder eben in der Gastronomie. Für ehemals Inhaftierte sind ein festes Arbeitsverhältnis und ein stabiles Umfeld entscheidend, um draußen wieder Fuß zu fassen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft - für Ihre Arbeit und für Ihre Schützlinge?
Zwei Dinge liegen mir besonders am Herzen: Erstens wünsche ich mir mehr Elterncoaching in der Haft. Ich bin überzeugt davon, dass die Wiederannäherung an die eigenen Kinder eine große Wirkung hat. Weiterhin müssen wir über das Bild von Gefängnissen reden. Denn oftmals wirken die Inhaftierten hinter den Mauern unsichtbar, obwohl jeder seine eigene Geschichte mitbringt und immer noch Teil der Gesellschaft ist. Mit Unterstützung des ESF+ wird sichtbar, wie berufliche Bildung Teil echter Resozialisierung werden kann.

Wir bedanken uns für das Interview und wünschen Ihnen und den Auszubildenden weiterhin viele Erfolgserlebnisse! (SH)

Richtlinie: Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Finanzierung: Gesamtsumme der Zuwendungsbescheide: : 446.505,79 Euro, davon ESF+: 267.903,47 Euro
Titel des geförderten Projekts: Fachkraft Gastgewerbe - 2jährige Ausbildung in der JVA Luckau-Duben
Zuwendungsempfänger: Universal-Stiftung Helmut Ziegner
Durchführungsort: Land Brandenburg
Durchführungszeitraum: : 01.07.2022 bis 30.06.2025 (Ein Folgeprojekt ist beantragt und die Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns zum 01.07 erteilt.)
Kontakt: www.universal-stiftung.de

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Gefördert aus Mitteln der Europäischen Union und des Landes Brandenburg.